Es ist schon bald zwei Jahre her, als die Fraktion Die Linke erstmalig mit dem Anliegen eines Kinder- und Jugendpartizipationskonzeptes zur Gründung einer Kinder- und Jugendvertretung in der Stadt Dessau-Roßlau in den Stadtrat ging. Wurde diese Vorlage zunächst zurückgestellt, so hat der Stadtrat letztlich nach einem Diskussionsprozess am 21. Oktober 2021 dieser Vorlage deutlich mehrheitlich zugestimmt. Seit dem warten wir auf konkrete Schritte.
Wenn man mal in das Umland unserer Stadt schaut, so haben Städte wie Leipzig, aber auch kleinere Städte wie Bernburg, Aken, Zerbst und andere solche Möglichkeiten der Beteiligung junger Menschen an demokratischen Prozessen längst beschlossen. Sie bieten Kindern und Jugendlichen die Chance, gerade ihre eigenen Interessen und Anliegen zu vertreten und mit auf den Weg zu bringen. Aber auch in unserer Stadt gab es in den 90er Jahren schon einen Stadtjugendring, in dem sich junge Menschen von Vereinen und Verbänden, bis hin zu Jugendorganisationen von Parteien untereinander zu ihren Anliegen verständigten und durch einen Vertreter im Jugendhilfeausschuss mitwirkten. Es liegen also Erfahrungen vor, bis dahin, dass die Stadt Halle einen hauptamtlichen Kinder- und Jugendbeauftragten hat, der sich genau um solche Prozesse kümmert und der zu seiner Arbeit in unserem Personal- und Hauptausschuss schon berichtet hat.
Was also war so schwer, um dieses schon bestehende Potential an Erfahrung zu nutzen und zu Ergebnissen zu kommen? Ich habe seit Jahren und bei unterschiedlichsten Gelegenheiten wie Mitmachprojekten und verschiedenen Netzwerkdiskussionen zu ehrenamtlicher Tätigkeit wahrgenommen, dass jungen Menschen das Bedürfnis haben, sich einzubringen. Abgesehen dass dies zutiefst demokratisch ist, so wecken wir damit auch das Interesse, sich zukünftig in die Kommunalpolitik einzumischen. Es macht wenig Sinn den hohen Altersdurchschnitt der Bevölkerung zu beklagen, wenn wir nicht auch Angebote machen, wie sich die jungen Menschen engagieren können und wollen und wie sie sich ihre Stadt in Zukunft vorstellen. Es ist auch nicht wirklich erklärlich, weshalb es so lange gedauert hat, durch die Verwaltung des Jugendamtes eine Stellenbeschreibung und Beschreibung des Aufgabenfeldes einer solchen Beauftragtenstelle zu formulieren, wenn das Umland dazu Erfahrungen hat, die man nachnutzen kann. Ich hatte sehr den Eindruck, dass sich die Verwaltung hinter Formalitäten versteckt hat, aber das sollte auch nach der Neubesetzung der Beigeordneten mit Beginn des Jahres der Vergangenheit angehören. Das Frau Eter Hachmann als neue Sozialdezernentin dem Thema neue Fahrt verliehen hat, wurde schon deutlich und weckt Hoffnung. Es wäre auch nicht zu erklären, weshalb die Stadt teure Studien zur Befragung von Kindern und Jugendlichen durchführen ließ, wenn dann das Aufnehmen der Anliegen in die Praxis und in die Angebote der Jugendarbeit und Jugendfreizeit so lange auf sich warten lässt. Die Jugendlichen, welche sich an solchen Befragungen beteiligt haben, sind dann längst in anderen Lebensabschnitten und womöglich auch nicht mehr in unserer Stadt unterwegs.
Das macht Politik nicht glaubwürdiger, im Gegenteil. Der Oberbürgermeister Dr. Reck wurde kürzlich in der MZ mit den Worten zitiert „Pflichtaufgabe geht vor Freiwilligkeit“. Das mag stimmen, soweit es beispielsweise das Haushaltsrecht betrifft, aber dennoch gibt es da einen Ratsbeschluss und inzwischen auch eine im Personalhaushalt ausgewiesene Stelle eines Kinder- und Jugendbeauftragten und dieser Haushalt für das Jahr 2023 ist vom Landesverwaltungsamt genehmigt und damit Gesetz. Der Souverän ist der Stadtrat und seine Beschlüsse sind für die Verwaltung Arbeitsauftrag und da bedarf es einer besseren Kommunikation in der Umsetzung. Es kann nicht sein, dass man erst erfährt wo die Säge klemmt, wenn man beharrlich nachfragt.
Neues Jahr – neues Glück, Jugend wartet nicht.
Frank Hoffmann
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